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Naturdenkmale im Landkreis: Die „Schindeiche“ – ein seltsam gewachsener Baum

Hünfeld-Mackenzell. An dem kürzesten, über die „Mölm“ führenden Verbindungsweg zwischen dem Hünfelder Stadtteil Mackenzell und Nüsttal Silges steht die „Schindeiche“, die im Volksmund auch „Schaengeich“ genannt wird. Ihr Alter wird auf etwa 300 Jahre geschätzt. Der Stammunfang des unter Naturschutz stehenden, mächtigen Baumes beträgt 5,25 Meter. Mit seiner breit ausladenden Krone beschirmt die „Schindeiche“ fast einundeinhalb Ar. Erhöht in ihrem Standort, beherrscht der Baum die gesamte ehemalige Gemarkung der bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg untergegangenen, kleinen bäuerlichen Siedlung Weißenborn.

Foto: PlappertBis zum Jahre 1866 vergruben die Bauern von Mackenzell die Kadaver ihrer verendeten Haustiere auf dem nahe gelegenen, mit Pfählen abgegrenzten „Schindacker“, so dass sie dem wuchtigen Baum den Namen „Schindeiche“ gaben. Die Art und Weise der Beseitigung der Tierkadaver geschah dabei nach der Gesetzgebung des Landes Kurhessen.

Ehemals hing am Mackenzeller Spritzenhaus der Schindschlitten, ein auf zwei Eichenbohlen ruhendes Traggerüst, auf das die verendeten Tiere gelegt und von vier Pferden zum Dorf hinaus zum „Schindacker“ geschleift oder, wie man früher sagte, „geschunden“ wurden. Unter der Anleitung und Aufsicht des Schinders wurde dann die Enthäutung und Vergrabung durchgeführt. Ob bei der Mackenzeller Schindeiche auch Menschen „geschunden“ oder mit dem Tode bestraft wurden, ist nicht bekannt.

Die Schindeiche selbst ist, was seine Gestalt und sein Wachstum angeht, ein zwiespältiger, seltsam gewachsener Baum. Er besitzt einen kurzen, dicken Stamm, der sich in knorrige Äste verzweigt. Mit ihnen bildet er die weit ausladende Krone. Darüber hinaus hat er aber auch die Merkmale einer Wintereiche mit schlankem Stamm und hoher Krone.

Der merkwürdig anmutende Baum scheint ein Mischling zu sein, der aber, wie Wilhelm Pietz im Hünfelder Heimatkalender des Jahres 1968 erklärt, nicht „als Merk-, Grenz- oder Erinnerungszeichen gesetzt wurde und schon gar nicht als Schindeiche, denn die Kennzeichnung der Schindäcker mit einer Eiche findet sich auch sonst nirgendwo“. Er mutmaßt, dass aller Wahrscheinlichkeit nach der Eichelhäher die „Schindeiche“ gepflanzt habe. Der Waldvogel verstecke zur Herbstzeit gerne Eicheln und Bucheckern an allen möglichen Plätzen als Wintervorrat, und finde diese dann nicht mehr.

Bis heute ist die „Schindeiche“ bei Mackenzell, zwischen den offenen Flurteilen „Röd“ und „Klingel“, einer der ältesten, im heimatkundlichen Kontext interessantesten Bäume und seit Mai 1987 ein Naturdenkmal von besonderem fotografischem Wert.

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