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Baron Hugo von Stumm starb vor 102 Jahren in der Heilanstalt Lindenhof – Schlossführungen am 7.Oktober 2012

Schloss Ramholz. Am 31. Juli 1910 morgens 8 Uhr verstarb der Erbauer von Schloss und Park Ramholz, Hugo Rudolf Freiher von Stumm (1845-1910), im Alter von 64 Jahren in der Psychiatrie Lindenhof in Coswig bei Dresden (vgl. Sterbeurkunde, Akte H.v. Stumm, Schlossachiv Ramholz). Die Akte tauchte sensationeller Weise erst jetzt 102 Jahre nach dem Tode des Barons im Schlossarchiv Ramholz unter Aktenbergen in einem Karton auf. Im medizinischen Gutachten von Sanitätsrat Dr. med. R.H. Pierson, Direktor der berühmten Coswiger “Heilanstalt für Gemüths- und Nervenkranke” (vgl. Internet-Link Stadtarchiv Coswig) steht geschrieben: “Herr Hugo Freiherr von Stumm, Königlich Preussischer Rittmeister a.D. wurde am 22.Mai 1896 in meine Anstalt gebracht, nachdem bereits Herr Geheime Medizinalrat Dr. Jolly in Berlin in einem vom 15. Mai 1896 datirten Zeugnisse ausgesprochen hatte, dass bei dem Herrn Freiherrn Hugo von Stumm ein maniakalischer Erregungszustand bestehe, welcher voraussichtlich noch anwachsen werde. Da Herr von Stumm in Folge seines Zustandes geneigt sei, grosse Summen zu verschleudern und zu erwarten stehe, dass er bei dem geringsten Widerspruch zu gewaltthätigen, gemeingefährlichem Verhalten schreiten werde, so werde seine Verbringung in eine Irrenanstalt demnächst erforderlich sein” (Akte H.v. Stumm, Schlossarchiv Ramholz).

Das 1893-95 von den Gebrüdern Seidl erbaute Neue Schloss war 1 Jahr zuvor im Aussenbau fertig geworden. Während einer Englandreise 1895/96 mit seiner Gattin Baronin Vica Freifrau von Stumm (1866-1947), auf der sich das Paar Anregungen für die Einrichtung des Ramholzer Schlosses holte, gab es verstärkte Anzeichen eines erneuten Krankheitsausbruches, der heftiger als je zuvor sein sollte und im Mai 1896 eine geschlossene Unterbringung bis zum Lebensende erforderlich machte. Somit mußte Hugo von Stumm die letzten 14 Jahre seines Lebens fernab seiner Wahlheimat Ramholz verbringen. Kam er nie mehr zu einem Besuch aufs Schloss zurück? Piersons Heilmethode zeichnete sich dadurch aus, dass die Eingelieferten zumindest zeitweise mit Gesunden ihre Zeit verbrachten (vgl. Internet-Link Stadtarchiv Coswig) 3 periodische Ausbrüche der erblichen Gemütserkrankung waren vorausgegangen: 1864, 1871 und zuletzt 1888, die zur Entmündigung durch das Amtsgericht Schlüchtern am 5. November 1888 führte.

Die vorübergehende Unterbringung erfolgte damals in der Heilanstalt Friedrichsberg bei Hamburg. Die Vormundschaft hatte Hugo von Stumms Bruder, Excellenz Ferdinand Eduard Freiherr von Stumm (1843-1925) zu Holzhausen inne, seiner Zeit Botschaftter in Madrid. Vertreter des Hauptvormunds war sein ältester Bruder, Kommerzienrat Karl Ferdinand (1836-1901) Freiherr von Stumm-Halberg, Geschäftsführer der Firma Gebr. Stumm in Saarbrücken.

Aufgehoben wurde die Entmündigung auf Antrag beider Vormünder durch das AG Schlüchtern am 22. August 1890. 1889 verbrachte Baron Stumm eine erholsame Zeit an der Riviera, es folgte ein längerer Kuraufenthalt in Berchtesgaden. Unterdessen liefen die ins Stocken geratenen Arbeiten an der Ramholzer Wasserleitung und Parkanlage weiter. Hugo von Stumm kehrte Ende August 1889 frisch und gut erholt aus den Alpen zurück und warf sich sofort in seine Lieblingsarbeit, der Fertigstellung von Schloss und Park Ramholz. Bauingenieur Friedrich aus Karlsruhe, der die Ramholzer Wasseranlagen seit 1884 erbaute, mahnte noch zur Schonung.

Rückblickend würdigte 1924 der Landesbauinspektor Wohlfarth in seiner “Baugeschichte der Herrschaft Ramholz” den Baron wie folgt: “Da bleibt mir vor allem des Mannes zu gedenken, der die ganze grosszügige Siedelung erdacht und in rastloser Arbeit geschaffen hat: des Freiherrn Hugo v. Stumm. Niemals ermüdet überwand er alle dem Bau entgegen stehenden Hindernisse, weit vorausschauend waren seine Anordnungen und Alle, die an seinem Lebenswerk haben schaffen dürfen, müssen ehrlich zugeben, daß die grossen Ideen für die Ausführungen restlos von ihm stammten.”

Dies wirft ein völlig neues Licht auf das Baudenkmal Schloss Ramholz und Park. Parallelen zwischen Hugo von Stumm-Ramholz und zu König Ludwig II. v. Bayern drängen sich auf.. Beide Herrscher sind 1845 geboren, jeder suchte auf seine Weise im “Grössenwahn” mit dem Bau prunkvoller Bauten und majestätischer Parks der Realität zu entfliehen, erschufen sich in der Abgeschiedenheit wundersamer Landschaft ihr Traumschloss! Schlossführungen und Ausstellungen im Schloss Ramholz, untermalt von zeitgenössischer Musik im Kerzenschein, nehmen sich dieses großen Themas an, mit dem Ziel, ein kulturhistorisches Phänomen der Öffentlichkeit näher zu bringen.  (Horst Becker)

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