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Heimattiergarten Neuenberg e.V, ist Kooperationspartner des AWO-Berufsbildungsprojektes „Artemis“

263-Heimattiergartenprojekt 2Fulda. In unseren Wäldern sind die als Schädlinge verschrienen Waschbären nicht gern gesehen. Der possierliche Waschbär im Heimattiergarten Neuenberg e.V. jedoch erfreut die Besucher und er ist – neben der Eule – das Lieblingstier der 17-jährigen Natascha. Gerade ist das Mädchen dabei, gemeinsam mit der zwei Jahre älteren Vanessa einen Misthaufen zu versetzen, um einen Abfluss frei zu räumen. Ihr Muskelkater erinnert die beiden Teilnehmerinnen des AWO-Berufsbildungsprojektes „Artemis“ daran, dass sie auch schon die Tage vorher mit dieser anstrengenden Aufgabe beschäftigt waren.

Zuvor haben sie an diesem Morgen die ihnen anvertrauten Tiere gefüttert und die Gehege gekehrt. „Artemis“ wurde 2008 von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) als Pendant zu „Lohn und Brot“ ins Leben gerufen, um auch benachteiligte junge Frauen zu erreichen: Es geht darum, Jugendliche mit Vermittlungshemmnissen durch intensive sozialpädagogische Betreuung für eine Ausbildung oder den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Dazu gehört auch die Anleitung zu Selbstständigkeit im Alltag.  Zehn Maßnahmenplätze fördert das Kreisjobcenter.

263-Heimattiergartenprojekt 1„Die tiergestützte Pädagogik hilft, die oft sehr verschlossenen Mädels zu erreichen“, erklärt Projektleiterin Heidi Sarritzu. „Die Tiere sind unvoreingenommen und achten nicht auf Aussehen oder Nationalität.“ Auf Aggressivität dagegen reagierten die Tiere sensibel und signalisierten den Mädchen sofort, wenn ein ruhigeres Auftreten erforderlich wäre. Ein guter Weg, um in die Sorgen und Nöte der Teilnehmerinnen eingeweiht zu werden, sei das gemeinsame Arbeiten. „Dann sind wir drei Betreuer nicht mehr Chefs, sondern Kollegen.“

Arbeit gibt es genug in dem Tiergarten, der von Ehrenamtlichen in Form eines Vereins getragen wird. Deshalb bedeutet die Kooperation mit der AWO eine Entlastung für die 150 Mitglieder. Dass ihre Arbeit geschätzt wird, erfahren die jungen Frauen auch immer wieder von Besuchern. „Diese Wertschätzung ist sehr wichtig, um das Selbstbewusstsein aufzubauen.“ Dieses bilde die Grundlage für alle weiteren Kompetenzen, die im Laufe der Maßnahme gelernt werden sollen. „Nicht gleich den Kopf in den Sand stecken“, gehöre dazu, listet Heidi Sarritzu mit Blick auf den Vogel Strauß in seinem Gehege auf. Neben der Frustrationstoleranz solle auch die Eigenmotivation erhöht werden. Die Regeln und Konsequenzen bei Verstößen haben sich die Jugendlichen selbst erarbeitet.

Typische „Männerarbeiten“ lernen die jungen Frauen anhand der immer wieder anfallenden Reparaturen im Tiergarten kennen. Dies inspirierte Teilnehmerinnen schon zu Praktika in Schreinereien.  Sozialpädagoge Karsten Siebert ist sowohl bei Artemis als auch bei Lohn und Brot als Betreuer tätig. „Mit den Jungs muss man direkter sein, bei den Mädchen vorsichtiger mit dem, was man sagt“, lautet seine Erfahrung. Trotzdem werden die Teilnehmerinnen nicht mit Samthandschuhen angefasst. „Bei uns werden die Mädels mobilisiert und bekommen richtig Muckis“, erklärt Sarritzu. Dies wiederum sei vorteilhaft für eine gesunde Körperwahrnehmung, die bei vielen von ihnen gestört sei.

Überhaupt solle ein positives Geschlechterbild vermittelt werden, worauf auch die Bezeichnung „Artemis“ anspielt: Artemis als griechische Göttin der Jagd galt als Beschützerin der Frauen und Kinder (auch der Tierkinder) und war neben ihrer Fürsorglichkeit zugleich wehrhaft und kämpferisch. Den zu Beginn der Arbeit endlos erscheinenden „Kampf“ gegen den Misthaufen haben Natascha und Vanessa mit Unterstützung der anderen jungen Frauen jedenfalls am Ende gewonnen.

www.awo-fulda.de

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