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Himmlischer Gesang im Keller – Das Wiener Ensemble Arcantus zu Gast beim Gernsehen

Was für ein Experiment: alte Musik trifft auf moderne Kleinkunst, klassische Sänger auf eine Vollblut-Entertainerin! Die Gastgeberin der Dinner-Show-Reihe „Gernsehen und Abendessen“, Marianne Blum, traut sich was. Zum Glück! Auf diese Weise verführt sie ihr Publikum immer wieder, sich auf bisher nicht gekannten Kunstformen und Musikstile einzulassen. Einer Verführung, der am Mittwoch anscheinend alle gern erlagen, wenn man den begeisterten Applaus und die glücklichen Gesichter im Publikum zum Maßstab nimmt.

Dennoch war es ein Wagnis, das die Blum zur Feier des fünften Geburtstags der Veranstaltungs-Reihe eingegangen ist. Denn wahrscheinlich hat der Großteil der Zuschauer im voll besetzten Museumskeller noch nie Renaissance- oder Barock-Musik gehört, schon gar nicht wenn diese wie an diesem Abend nur a cappella, also ohne instrumentale Begleitung gesungen wird.

Aber was für Stimmen waren das! Klassisch ausgebildet, perfekt aufeinander eingestellt und wunderbar harmonisch boten Susanne Lebloch (Sopran), Ingrun Fussenegger (Alt), James W. Curry und Hubert Zöberl (Tenor) und Voktor Lebloch (Bass) höchsten Hörgenuss. Mit glasklarem Klang füllten die 5 Sänger des Wiener Ensemble Arcantus das Gewölbe des Museumskellers und plötzlich fiel es einem ganz leicht, sich die Menschen vor 500 Jahren vorzustellen und ihre in Musik gegossenen Sorgen, Nöte und Leiden, aber auch ihren Sinn für Humor nachzuvollziehen. Denn auch das war eine Erkenntnis dieses Abends: Nicht anders als heute haben auch in früheren Jahrhunderten die Menschen gern gefeiert und nicht alles bierernst genommen. Die ausgewählten Lieder aus dem Zyklus „Festina nella Sera del Giovedi Grasso“ (Fest am Abend des fetten Donnerstags – also an Weiberfasching. Anm. der Autorin) von Adriano Banchieri (1568-1634) hatten kaum einen seriösen Text, ähnlich wie heutige Fastnachts-Hits. Koketterie, imitierte Instrumente und Tiere, lustige Tänze und nicht zuletzt Trinklieder waren die Themen, die in ihnen dargeboten wurden. Da wurde gebellt, miaut, Cembalo, Maultrommel und Leier gesungen, „das eingebildete Geschwätz einer Party-Schickse“ (Zitat Marianne Blum) vertont, sich über Männer lustig gemacht, die wegen Katarrh, einer lockeren Hose und Hühnerhaugen nicht tanzen wollen und der Wein besungen. Dankenswerterweise wurden die Übersetzungen der italienischen Texte von Marianne Blum vorgetragen und spitzfindig kommentiert, so dass man immer wusste, worum es ging und sich ganz dem musikalischen Vergnügen hingeben konnte.

Doch damit nicht genug. Das Publikum musste auch selbst ran. Ingrun Fussenegger, Leiterin des Ensembles und im Hauptberuf außerordentliche Professorin an der Universität für darstellende Kunst und Musik in Wien für Chor und Ensemble-Leitung, zeigte warum „außerordentliche Professoren in Österreich anscheinend auch außerordentlich gut sind“. Sie übte mit dem Publikum einen mehrstimmigen Jodler ein und schaffte es sogar mit absoluten Laien in kürzester Zeit einen überraschend guten Klang zu erzeugen.
So erfrischend dieser aktive Teil wirkte und so witzig die Lieder aus dem Banchieri-Zyklus auch waren, sie stellten nur eine – wenn auch sehr unterhaltsame – Facette des Abends dar. Das Ensemble Arcantus bot auch ernsthafte Literatur und zeigte hier, was es drauf hat. Zwei Stücke von Orlando di Lasso (1532-1594), die auch auf der mit Pasticcio Preis ausgezeichneten CD des Ensembles zu finden sind, ergänzten das Programm. Es handelt sich hier um Vertonungen von Gedichten des berühmten Renaissance Dichters Francesco Petrarca (1304-1374) an seine geliebte Laura.

Im letzten Teil des Abends gab es dann sogar noch „schwere Kost“. Doch die ja immer als besonders unzugänglich angesehene neue ernste Musik, die die Sänger und Sängerinnen präsentierten, war so gut gesungen, dass sich die Zuschauer auch darauf einließen und selbst überrascht waren, wie gut ihnen diese zeitgenössische Klassik gefiel, obwohl den zarten Harmonien oft spannungsreiche Dissonanzen gegenüberstanden. So etwas zu genießen, verlangt eine gesteigerte Bereitschaft zum vorurteilsfreien Zuhören, eine Bereitschaft, die das Publikum des Gernsehens mit jedem Set zunehmend entwickelte und die am Ende sogar in Begeisterung mündete.

Zur Zugabe lieferte sich Ingrun Fussenegger dann noch ein herrlich ironisches Musical-Duett mit Marianne Blum, das bewies, dass sich klassische Musiker auch darauf einlassen können, vorausgesetzt sie sie haben so viel „Schmäh“ wie diese sympathischen österreichischen Gäste.

Man kann Marianne Blum nur wünschen, dass es ihr gelingt, noch viele derart hochkarätigen Künstler einzuladen, und man kann Fulda nur wünschen, dass es noch viele Jahre den Geburtstag dieser Dinner-Show-Reihe erleben darf.

Zur Februar Ausgabe „Gernsehen und Abendessen“ am 25.02.2015 ist der Fuldaer Musiker und spotlight Musical Mitarbeiter Maximilian Becker zu Gast. Er tourt mit den Großen der Schlagerszene und zeigt beim Gernsehen, wie Hits entstehen. Infos unter 0661-240230 oder online: catering@kreuz.com

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