Berauschende Bilder und viel Begeisterung für das Theater – Große Abschlussgala der Fuldaer Schultheatertage im Schlosstheater Fulda
Fulda. Die 23. Fuldaer Schultheatertage 2011 standen diesmal unter dem Motto „Bilderrausch – Wenn Bilder reden könnten“ ganz im Zeichen der Symbiose von Theater, Musik & Bildender Kunst. Im Zentrum des polyästhetischen Theaterprojekts standen Werke der bildenden Kunst – Skulpturen, Gemälde und Bilder – als Impuls für Improvisationen, als Spielanreiz, als Quelle für das eigene theatrale Gestalten. Die fast 200 Projektkinder hatten sich gemeinsam mit professionellen Schauspielern und Theaterpädagogen intensiv mit dieser Thematik auseinander gesetzt und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln des Theaters – sei es durch Schwarzlicht-, Schatten-, Tanz-, Sprechtheater oder Pantomime – im wahrsten Sinne des Wortes „zum Sprechen“ gebracht. Durch den plötzlichen Eisregen am Chaostag des 3. Februar 2011 waren die diesjährigen Fuldaer Schultheatertage buchstäblich noch auf der Zielgeraden „ins Straucheln“ geraten.
Fotos (243): Max Colin Heydenreich
Auf Anordnung der Schulbehörden der Stadt und des Landkreises Fulda durfte das gesamte Theaterprojekt am Tag der geplanten Aufführung wegen der katastrophalen Wetterverhältnisse nicht mehr weitergeführt werden und die Kinder mussten zu ihrer eigenen Sicherheit zu Hause bleiben. Das war natürlich eine riesengroße Enttäuschung für alle Beteiligten, zumal die Proben bis dahin sehr vielversprechend waren. Dennoch ließ sich das Staatliche Schulamt als Organisator der Fuldaer Schultheatertage nicht durch das Wetter entmutigen und führte das großartige Theaterprojekt trotz erheblicher durch den wetterbedingten Ausfall entstehender Zusatzkosten weiter fort, gerade auch im Interesse der 200 teilnehmenden Projektkinder, die sich auf ihren „großen Auftritt!“ auf der Bühne des Schlosstheaters schon freuten. Der letzte Projekttag wurde zeitnah in den zehn beteiligten Schulen nachgeholt und dann ging es auch schhon ins Schlosstheater Fulda auf die „Bretter, die die Welt bedeuten“.
Am Donnerstag, 3. März 2011 war es nun endlich so weit. Eine fröhliche Unruhe herrschte vor Beginn der Vorstellung unter den 200 anwesenden Darstellerinnen und Darstellern, letzte Handgriffe wurden noch an Requisiten und Kostümen hinter der Bühne vorgenommen, dann passte alles. Pünktlich um 16.00 Uhr begann im Schlosstheater Fulda die große Abschlussgala der 23. Fuldaer Schultheatertage, auf der die Ergebnisse des dreitägigen Theaterprojekts einem zahlreich erschienenen Publikum präsentiert wurden.
Als farbenfroher Einstieg in die große Abschlussgala präsentierte sich die Klasse 3 der Ottilienschule Niesig, die unter der Workshopleitung von der Tanzpädagogin Dorothée Bretz und der Lehrerin Daniela Röll-Diegelmann zum Bild „Sleep to dream“ von Tiffany Liu modernes Tanz- und Bewegungstheater auf die Bühne brachte. Ein kleines Mädchen schläft ein und erlebt im Traum all die Figuren aus ihrer Fantasie – Bild wird Energie, Energie wird Bewegung, Bewegungen verbinden sich zu einer Choreografie – und plötzlich erwacht das Bild zum Leben. Die Qualität sprach für sich, mit viel Applaus bedachte das Publikum die großartige darstellerische Leistung der jungen Akteure. Der Beitrag der Ottilienschule wurde zum Wettbewerb beim diesjährigen Hessischen Schultheatertreffen sowie beim nationalen Wettbewerb „Kinder zum Olymp“ angemeldet. Wir drücken der Gruppe ganz fest die Daumen und wünschen viel Erfolg.
Nach diesem gelungenen Auftakt begrüßten die beiden Moderatoren Dr. Michael Imhof, Dezernent für Fortbildung und Schulentwicklung am Staatlichen Schulamt Fulda, sowie Torsten Schumacher, Fachberater für Kultur an der Schule, die etwa 500 Zuschauer im voll besetzten Schlosstheater und führten durch das nun folgende zweistündige farbenfrohe und temperamentvoll vorgetragene Theaterprogramm der Kinder und Jugendlichen.
Als Nächstes war die Klasse 3b der Katharinenschule Gläserzell an der Reihe, die unter der Workshopleitung der Fuldaer Theaterpädagogin Jessica Stukenberg und der Lehrerin Ulla Pfeifroth in einer fantasievollen und äußerst amüsanten Theaterszene das Bild „Fly Fishing – Ein Angelausflug“ von Chris Wake in Szene setzten. Arbeitschwerpunkte dieses Projekts waren die Fragen: Wie bewegt sich das Meer, wie hört es sich an? Wie baut man Fischmasken? Wie bewegen sich Fische? Welche Geschichte spinnt sich um das Bild. Oder literarischer: Ein Ruder fällt ins Meer, eine Frau fällt ins Wasser, welche Rolle spielen die Fische dabei und was hat die Frau auf dem Stein gesehen? Die schauspielerischen Antworten der Darstellerinnen und Darsteller waren erheiternd und originell und ließen das Publikum oft schmunzeln.
Danach entführte die Klasse 4b der Geschwister-Scholl-Schule Fulda unter der Workshopleitung von Frederike Nedelmann und ihrer Lehrerin Eva Sorg das Publikum mit der Inszenierung des Bildes „Dreaming – Träumen“ in die Traumwelt eines kleinen Mädchens. Der Fokus dieses Theaterprojekts lag darauf, sich im Vorfeld ein Lieblingsbuch und eine Lieblingsfigur auszusuchen. Und nun stellte sich die Frage, was könnte wohl passieren, wenn sich Figuren aus unterschiedlichen Büchern begegnen. Hexen, Asterix, Teufelskicker, Mickey Mouse und andere begegnen sich im Traum eines kleinen Mädchens. Wichtig war hierbei, dass die Kinder aktiv mit in den Entstehungsprozess der Szene mit eingebunden waren und gefragt wurden. Sie lernten, die anderen Mitspieler zu beobachten und, im besten Falle, ihre Rolle ernst zu nehmen und zu merken, wie schwer es ist, eine Figur auf den Punkt zu bringen. Dass dies den jungen Schauspieleleven gelungen istt, bestätigte der tosende Applaus des Publikums.
Musiktheaterszenen zu dem Kinderbuch „I see a song“ von Eric Carle präsentierte die Theater-AG der Klassen 3 und 4 der Johannes-Hack-Schule Petersberg, die unter der Workshopleitung der Musikpädagogin Anka Hirsch und der Lehrerin Sonja Winter das Bild “The Garden” von Joan Miro in farbenfrohen Bildern inszenierte. „I see a song – Ich sehe ein Lied – ich höre Farben. Ist da nicht was falsch? Nein, genau so!“ – in einer kreativen und kurzweiligen Inszenierung boten die Darstellerinnen und Darsteller eine überzeugende Performance.
Im Anschluss daran lud die Theater-AG der Klasse 5 der Ulstertalschule Hilders unter der Workshopleitung der Freiburger Theaterpädagogin Kirsten Parker und der Lehrerin Iris Graul zu einem Spaziergang in ein bewegtes Bild und den Traum von einem Garten ein. Joan Miros Bild „The Garden“ stand Pate für viele kreative Einfälle der kleinen Akteure, da krabbelten Raupen über die Bühne, farbenfrohe Schmetterlinge flogen durch die Lüfte, und herrliche Blumen verzauberten das Publikum.
In der nun folgenden traditionellen Sponsorenrunde der Fuldaer Schultheatertage erhielten nun die langjährigen Förderer der Fuldaer Schultheaterkultur, die Stadt und der Landkreis Fulda, die Sparkasse Fulda, die Mediana Unternehmensgruppe sowie der Verein Zukunft Bildung Region Fulda e.V., das Wort, wobei es auf der Bühne zu einem regen Gedankenaustausch über die Notwendigkeit der Förderung der Schultheaterkultur in der Region Fulda kam. Der Fuldaer Oberbürgermeister Gerhard Möller bekräftigte die Notwendigkeit der Förderung der Schultheaterkultur und hob das große Engagement der Stadt Fulda im kulturellen Bereich hervor. Herr Orth von der Abteilung Marketing der Sparkasse Fulda unterstrich die besondere Verantwortung und das große Engagement der Sparkasse für die Kulturförderung in der Region Fulda und sagte auch für die Zukunft die aktive Unterstützung der Fuldaer Schultheatertage zu.
Im Anschluss daran zeigte die Theater-AG der Klassen 5 bis 7 der Rhönschule Gersfeld unter der Workshopleitung von der Frankfurter Theaterpädagogin Birgit Reibel und der Lehrerin Petra Vaupel eindrucksvolles Schattentheater zu Modest Mussorskys Musik „Bilder einer Ausstellung“. Eine Gruppe unterschiedlicher Menschen betritt eine Kunstausstellung. Sie werden in die Bilder hineingezogen, die plötzlich zum Leben erwachen. Das Publikum war begeistert von den wundervollen Bildern und den vielen originellen szenischen Ideen der jungen Darstellerinnen und Darsteller.
Im anschließenden Beitrag der Theater-AG der Klassen 5 und 6 der Wigbertschule Hünfeld zeigten die jugendlichen Akteure unter der Workshopleitung des Schlitzer Theaterpädagogen Arnold Pfeifer und der Lehrerin Cornelia Stark zum Bild “Kämpfende Formen” von Franz Marc dynamisches Bewegungstheater mit Masken, Tüchern, Raum und Musik. Das Konzept bestand darin, die Bewegung im vorgegebenen Bild aufzunehmen und auf die Bühne zu übertragen. Arnold Pfeiffer hatte den neugierigen Kindern zuvor einen kurzen, konzentrierten Grundkurs im „Bilder-Theater“ gegeben. Dann hatte er Ihnen einen „besonderen Malkasten“ zur Verfügung gestellt, der aus lauter alten Masken, Stoffen und Gewändern des Wiener Masken- und Musiktheaters bestand. Die Aufgabe an die Gruppe lautete nun, ein Bild in den Raum der Bühne zu „malen“. Was herauskam, war eine farbenfrohe und mitreißende Umsetzung der Ideen der Schülerinnen und Schüler.
„Nebel, kahle Bäume, Monster, Vampire, Zombies, Aliens, Ruinen, Vollmond“, in der nun folgenden Szene „Leben auf dem Friedhof“ der Klasse R 7b der Wernher-von-Braun-Schule Neuhof ging es besonders gruselig zu. In Anlehnung an Caspar David Friedrichs Gemälde „Abtei im Eichwald“ inszenierte die Gruppe unter der Workshopleitung des Theaterpädagogen Oliver Nedelmann und der Lehrerin Stefanie Radies ein modernes Gruselett. Im fahlen Dämmerlicht der Schlosstheater Fulda nahmen nun „Zombies“ in der Manier von Michael Jacksons „Thriller“ Besitz von der Bühne und gestalteten Gruseliges und durchaus Nachdenkliches. Nicht nur das Bild hatten sich die Schüler selbst ausgesucht, auch die Szenen kamen direkt aus der reichen Fantasie und der Feder der Schülerinnen und Schüler. Es war zuvor im Entstehungsprozess viel improvisiert worden, bis dann alle Ideen sortiert, verdichtet und weitergedacht und so zu einem kleinen Drehbuch verarbeitet werden konnten. Mit Fug und Recht kann man also sagen, dass die kleine Collage nicht nur mit den Schülern entstand, sondern auch von ihnen persönlich stammte. Das überzeugte auch das begeisterte Publikum, das die Szene mit viel Applaus honorierte
Nach dieser Szene trat die Klasse 9G der Lichtenbergschule Eiterfeld auf, die sich unter der Workshopleitung der Theaterpädagogin Marlies Haddenbruch und dem Lehrer Klaus Schmitt mit dem Gemälde „To the lighthouse – Der Leuchtturm“ beschäftigt hatten. Die Schüler hatten sich besonders für dieses Bild entschieden und als Thema das Spiel mit Licht, Schatten und Dunkelheit gewählt: Ein neues „Darstellungsgenre“ wurde kreiert, das Taschenlampentheater. Der Fokus der Arbeit lag hier in der Beschäftigung mit inhaltlichen Elementen des Bildes sowie dem konkreten gestalterischen Bildaufbau. Aus dem collagenartiges Zusammensetzen all dieser Elemente mit eigener Minimalbeleuchtung durch Taschenlampen und Ähnlichem wurde das Bild in Szene gesetzt.
Zum Ende des Programms entführte die Jahrgangsstufe WG 11 der Richard-Müller-Schule Fulda unter der Workshopleitung des Erfurter Musikers und Theaterpädagogen Werner Brunngräber und der Lehrerin Claudia Presslie das Publikum in ihren individuellen „Traum von der Freiheit“. Auf der Grundlage des Gemäldes „Dream“ von Yulia Katkowa entstand dabei eine szenische Sinfonie, in deren Mittelpunkt Geräusche, eigene Texte und Szenen der Schüler standen, welche durch das Bild inspiriert wurden. Herausgekommen ist eine beeindruckende Traumreise, der szenische Traum von der Freiheit, die uns Flügel verleiht. Das Publikum war begeistert.
Den Höhepunkt des Programms bildete traditionsgemäß das Lehrerensemble. Die das Projekt betreuenden Lehrerinnen und Lehrer der zehn teilnehmenden Schulen hatten sich zuvor unter der Workshopleitung von Jessica Stukenberg selbst in einer anderthalbtägigen Lehrerfortbildung mit Theater beschäftigt und das gesamte Projekt der Schüler selbst durchlaufen. In einem komplexen Entwicklungsprozess aus Kennenlernen, Warm-up, einem kleinen Schauspieltraining, der Ideenfindung, Improvisation und den abschließenden Szenen- und Generalproben erarbeiteten sie zu der Plastik „Die Taumelnden“ eine lustige Bewegungsimprovisation. Bildhauer bearbeiten Stein. Stein wird zu Form. Form wird Kunstwerk. Doch plötzlich erwacht der tote Stein zum Leben, die Figuren gewinnen ein unerwartetes Eigenleben. Beim anschließenden Schlussapplaus war vor allem den Kindern und Jugendlichen ihr Vergnügen und ihre Begeisterung anzusehen, hatten sie ihre Lehrerinnen und Lehrer doch auch einmal in einer für sie ungewohnten Rolle bestaunen können.
Mit Blumen und Dankesworten verabschiedete sich Dr. Michael Imhof von den zwanzig für das Projekt verantwortlichen Mitstreitern, die diese drei intensiven Tage zum Erfolg geführt hatten, und natürlich von den 200 anwesenden Kindern und Jugendlichen, die in diesem Jahr im Schlosstheater Fulda einen wahren „Bilderrausch“ entfachen konnten. Sein besonderer Dank gebührte dabei auch der Intendantin des Schlosstheaters, Frau Lieder, sowie dem Bühnenmeister, Herrn Tibor Savari, und seiner Bühnencrew für die professionelle technische Umsetzung der zahlreichen kreativen Ideen der Schülerinnen und Schüler auf der großen Bühne des Schlosstheaters Fulda.